Schädlingsbekämpfung in Supermärkten kann Waren belasten

Freitag, den 02. Februar 2001 um 00:00 Uhr Redaktion
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Das Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin in Berlin (BgVV) hat zu Anwendung und Verkauf von Dichlorvos-haltigen Produkten in Supermärkten und anderen öffentlichen und lebensmittelnahen Bereichen kritisch Stellung genommen.

Dichlorvos ist ein Insektizid, das als Kontakt- und Fraßgift wirkt. Es baut jedoch wegen eines hohen Dampfdrucks auch eine hohe Raumluftkonzentration auf, die ebenfalls gegen Insekten wirkt - was nützlich ist. Die relativ hohe Raumluftkonzentration ist jedoch für Menschen schädlich. Über den Luftpfad könnten auch Lebensmittel kontaminiert werden. Aus der BgVV-Mitteilung:

Es liegen dem BgVV keine Untersuchungsergebnisse vor, um darüber Aussagen machen zu können, wie weit mit 5-10 Dichlorvos-Dispensern (je 5 g Dichlorvos) bestückte Tiernahrungsregale von offenen bzw. nicht mittelsicher verpackten Lebensmitteln entfernt sein müssen, damit eine negative Beeinflussung ausgeschlossen werden kann. Unabhängig von den rechtlichen Fragen zur Zulässigkeit der Anwendung kann das BgVV daher unter dem Gesichtspunkt einer möglichen Rückstandsbelastung der Lebensmittel die Anwendung nicht empfehlen.

Darüber hinaus wird die Anwendung von Dichlorvos-Verdampferstrips in Lebensmittelmärkten, in denen sich ständig Menschen aufhalten, wegen des hohen Dampfdruckes von Dichlorvos vom BgVV sehr kritisch gesehen. Es kann dadurch zu einer chronischen Belastungssituation kommen.

Dem Institut liegen Publikationen vor, die sich mit der Belastung und Risikoabschätzung von Dichlorvos-Sprays und Insektenstrips im Innenraum beschäftigen. Das Fazit dieser Studien war, dass bei "sachgerechter Anwendung" der ADI-Wert für Dichlorvos (ADI = 0,004 mg/kg K.G.) bis um das 15fache überschritten wurde (Weiss et al. 1998, Anlage 1) bzw. erhebliche Restmengen von Dichlorvos am Ende der Einwirkzeit noch vorhanden waren (Sagner und Schöndube, 1982, Anlage 2). In einer anderen Studie wird berichtet, dass bei einem 3-jährigen Kind nach einer Bekämpfungsaktion mittels Selbstverdampfungsverfahren mit Dichlorvos selbst nach einer längeren Belüftungszeit Symptome auftraten, die typisch für eine Dichlorvos-Intoxikation sind (Krüger, 1991, Anlage 3).

Auf die Vorschriften (Warnhinweise), die "für den häuslichen Bedarf bestimmte Insektenvertilgungsmittel im Sinne des § 5 Abs.1 Nr.9 des LMBG auf der Basis von Dichlorvos, die kontinuierlich diesen Wirkstoff abgeben" in der Bedarfsgegenständeverordnung erlassen wurden, wird hingewiesen: "Dauerbelastung bei Kleinkindern, Kranken und älteren Menschen in nicht oder schwach belüfteten Räumen vermeiden! Nur bei Bedarf anwenden."

Das BgVV unterstützt ausdrücklich Ausführungen des Umweltbundesamtes zu Wirksamkeits- und praktischen Anwendungsfragen des Einsatzes von Schädlingsbekämpfungsmitteln in Lebensmittelbetrieben und -märkten. Danach sind notwendige Teilbekämpfungen zielorientiert mit Formulierungen und/oder Anwendungsverfahren auszuführen, die eine Kontamination von Lebensmitteln vermeiden und kein gesundheitliches Risiko für Personal und die Kunden darstellen.

Den Einsatz von Dichlorvos-Verdampferstrips in Lebensmittelmärkten und anderen Räumlichkeiten mit Publikumsverkehr, in denen Produkte angeboten werden, wie z. B. Bekleidungsmärkten etc., lehnt das BgVV ab.

Aufgrund der vorliegenden Kritik ist letztlich fraglich, ob Dichlorvos-haltige Produkte für Supermärkte Anwendungen nicht sogar regelrecht verboten werden müssen, denn: Gemäß § 3 der Lebensmittelhygiene-Verordnung dürfen Lebensmittel nur so hergestellt, behandelt oder in den Verkehr gebracht werden, dass sie bei Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt der Gefahr einer nachteiligen Beeinflussung nicht ausgesetzt sind.

Quelle:    BgVV